Jens
FC SCHALKE 04 VS. HAMBURGER SPORT-VEREIN
Das Haus des (kleineren) Geldes – Staffel IV, Folge 1/34 – alte Bekannte im neuen Zuhause
Wenn man diese Partie zum Auftakt einer Zweitligasaison kommentieren will, muss man schon sehr aufpassen, nicht jedes Klischée zu bedienen und nur träumerisch in der Vergangenheit zu schwelgen.
Die Statistik weiß, dass es diese Begegnung in Wettbewerben bisher 111x gab, davon nur 2 im DFB-Pokal, 7 in den Oberligen und 2 im Ligapokal (hust...). Im Bundesligabetrieb standen sich die Vereine also 100 x gegenüber – immer erste, niemals zweite Liga. Die Bilanz ist mit 38-24-38 komplett ausgeglichen.
Bis zum 23.07.2021.
Es gibt in Deutschland wohl nur eine Handvoll weiterer Vereine, die derart geballt extreme Emotionen, spektakuläre (Miß)Erfolge, finanzielle Parforceritte und schillernde Persönlichkeiten versammeln. Auch wenn wir uns als ‚Hanseaten‘ so gern den Anstrich seriöser Gelassenheit geben: In diesen Vereinswelten sind sich m.E. Emscher und Alster näher, als man das allgemein wahrnehmen mag. Vielleicht ist es darum auch nur logisch, dass die Clubs sich heute auf dieser Ebene wieder begegnen.
Die Wege zu dieser Partie: Schalke taumelte wie Rocky Balboa in den ersten Runden gegen Drago durch eine unvergleichliche Horrorsaison, in der man sogar am Negativrekord der Tasmania aus Berlin schnupperte. Der HSV machte eher selbst den Drago und damit das Triple des Scheiterns auf der Zielgeraden zum Aufstieg perfekt.
So unterschiedlich die Verläufe, so einheitlich und nachvollziehbar die Reaktionen: Umbruch. Bei Schalke zur Überraschung vieler Betrachter unter dem seit März 21 amtierenden Übungsleiter Grammozis, beim HSV nun neu mit Coach Tim Walter.
Schalkes Kader hat mit dem der Vorsaison nur noch bedingt zu tun. Die Chance, frühzeitig zu planen, dabei natürlich aufs Portemonnaie achten zu müssen und einen neuen ‚Spirit‘ in den Kader zu bringen, wurde aus meiner Sicht gut genutzt. Alle Veränderungen hier aufzuzählen würde zu weit führen, aber mit z.B. Bülter, Latza, Kaminski, Palsson, höchstwahrscheinlich Drexler und natürlich T-Rod hat man gestandene Profis mit reichlich Erfahrung und ohne Allüren geholt, während man sich von vieldiskutierten Hochlöhnern wie Uth, Rudy, Bentaleb oder Schöpf trennte, mit McKennie und Serdar auflagenbedingt Kasse machte. Weitere potentielle Verkaufskandidaten stehen noch im Schaufenster. Betrachtet man den jetzigen Kader rein namentlich, wird es den Knappen trotz der katastrophalen Vorsaison und prominenter Abgänge schwer fallen, eine Favoritenrolle für den Aufstiegskampf von sich zu weisen. Was im Umkehrschluss nicht heißen muss, dass die Realität sich dafür interessiert...
Das bringt uns fast zwangsläufig zum HSV, den Blick nur nach vorn gerichtet: Sinnvolle Ergänzungen in der Abwehr (Schonlau, Muheim), Anspecken in DM/ZM (Meffert, Reis), Breite im Angriff (Glatzel, Kaufmann). Das alles bei Abgabe von manchen Kaderergänzern, so dass unterm Strich ein womöglich ausgeglicheneres Leistungspotential bei Verjüngung des Kaders unter Verlust individueller Klasse (Terodde, Hunt) verbleibt. So könnte ein Kurzfazit des Sommers lauten.
Das Durchschnittsalter der Zugänge von 22,2 Jahren liegt um bemerkenswerte 2,3, bzw 2,5 Jahre unter denen der Vorsaisons, das der Abgänge beträgt 26,6 Jahre. Ein deutlicher Wink.
Ob dieses Puzzle passt, ob Walters Spielidee und Ansprache fruchten...wer will das schon vor dem 1. Spieltag sagen? Testspiele haben Walter-Fußball par excellence gezeigt, mit all seinen Schrecksekunden, variablem Positionsspiel, spannendenden Volten im hohen Pressing und dem kontrolliert-riskanten Spiel aus der Abwehr heraus. Positiv sicherlich, dass der Kader bereits zum frühen Saisonstart weitgehend steht und damit gemeinsam in das komplexe System wächst. Die Außenpositionen mögen noch etwas dünn besetzt sein, Kittels Verletzung hinterlässt ein kleines Fragezeichen im OM, aber bei der Walter’schen Spielanlage mögen beide Aspekte im kollektiven Gekreisel gedeckt sein. Mit David und Suhonen haben sich in der Vorbereitung nochmals zwei junge Kicker in den Vordergrund gespielt. Insbesondere David hat einen bärenstarken Eindruck hinterlassen, Suhonen konnte sich leider aufgrund einer leichten Verletzung im letzten Test nicht anbieten, zeigte aber bis dahin sein Potential. (Unten: Symbolbild 'Puzzle' :-) )

Aufstellung?!
Euer Job - macht euch Gedanken, diskutiert, streitet, mäkelt...whatever.
Ich bin gespannt, wie unser Rautenhaufen den Kick auf Schalke annehmen wird. Und umgekehrt natürlich auch, wie sich die Schalker präsentieren werden. Wichtig natürlich auch: Alle guten Wünsche für einen milden Verlauf gehen raus an den Sportskollegen Ralle Fährmann!
Es geht los, die ‚Superliga‘ erhält mit dem frühen Saisonstart nochmals erhöhte Aufmerksamkeit, und ein Duell dieser Dickschiffe elektrisiert überall – auch in Liga zwo.
Ich hab‘ jeden Fall Bock!
Nur der HSV!
