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BEIRAT – DIE GROSSE(N) UNBEKANNTE(N)

Das Gespräch aus 2015 mit dem jetzigen Beiratsvorsitzenden Patrick Ehlers ist heute thematisch wieder taufrisch ...

Tatsächlich: Mehr als fünf (!) Jahre sind seit diesem Gespräch aus dem Frühjahr 2015 vergangen. Ein paar Aspekte haben vielleicht ein bisschen Patina, aber die jüngsten Diskussionen um die Kandidaturen für das e.V.-Präsidium machen die Inhalte doch wieder recht aktuell. Wir lassen den Inhalt des Gespräch unverändert, haben nur eine Aktualisierung der Gremiumsmitglieder vorgenommen. Dieser Artikel über ein Gremium des HSV mag bei erster Ansicht eher etwas für Liebhaber der Vereinsmaterie sein, aber die Wogen schlugen hoch in dieser Woche, und der Beirat erfuhr ungeahntes Interesse von allen Seiten. Da eben dieses Gremium aber in seiner wichtigen Scharnierfunktion zwischen AG und e.V. ein besonders spannendes ist, nehmt euch die Zeit, euch seine Aufgaben und Strukturen einmal wieder zu vergegenwärtigen. Er soll nicht in der Vergangenheit wühlen oder Meinungsmache in der Gegenwart betreiben, sondern helfen, dieses Gremium und seine Aufgaben zu verstehen.




Beirat/ Wahlausschuss - Historie und Aufgaben

Der Beirat entstand im HSVPlus-Konzept als ein Gremium mit dem wesentlichen Ziel, der direkten Mitgliederbeteiligung in der Wahl von Gremienmitgliedern - konkret: dem Aufsichtsrat und Präsidium - einen (Qualitäts-)Filter vorzuschalten. Es gab einen breiten Konsens von Befürwortern wie Gegnern der Ausgliederung, dass dies das „neue Machtzentrum“ (siehe z.B. auch Wirtschaftsprofessoren Völpel und Prigge im Abendblatt-Interview http://www.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article120910280/Der-Beirat-waere-das-neue-Machtzentrum.html) im HSV sei.

Entsprechend hart wurde um die Zusammensetzung des Gremiums gerungen und Änderungen im Ausgliederungskonzept eingefügt.


Die Aufgaben des Beirates sind in §19 der e.V. Satzung festgelegt; sie wirken in erster Linie auf den e.V., aber in Teilen eben auch auf die AG:

Im e.V. berät (!) er das Präsidium, er entscheidet darüber, ob dieser ehren- oder hauptamtlich tätig ist, genehmigt die vom Präsidium aufgestellten Haushalte und er erstellt - ggf. mit externer Unterstützung - Anforderungsprofile für die zu wählenden Mitglieder des Präsidiums (inkl. Festlegung der Vergütung), sucht und prüft Kandidaten, die er auch der Mitgliederversammlung vorstellt.

Im Wirken zur AG hin liegt seine Aufgabe darin, die Zustimmung zur Berufung von AR-Mitgliedern durch das Präsidium zu erteilen.


In seiner heutigen Struktur besteht der Beirat aus fünf Mitgliedern:

Dem Beirat gehören der Vorsitzende des Ehrenrates als geborenes Mitglied sowie ein Delegierter der Amateure und ein Delegierter der Fördernden Mitglieder an. Diese drei Gremiumsmitglieder ergänzen den Beirat um bis zu zwei Ehrenmitglieder (Goldene Ehrennadel) mit ehrenamtlichen oder sportlichen Verdiensten oder ein vorgenanntes Ehrenmitglied und ein Mitglied, welches mindestens 5 Jahre Abteilungsleiter/in einer Amateurabteilung oder drei Jahre Vorsitzende/r eines HSV-Gremiums war. Kooptierte Gremiumsvorsitzende dürfen nicht mehr aktiv sein bzw. müssen bei Kooptierung ihr Amt niederlegen. Die Amtsdauer der delegierten und der kooptierten Mitglieder beträgt vier Jahre, ihr Amt endet mit der Neuwahl/Kooptation eines Nachfolgers. Der Beirat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden.

Ihr seht: Es ist kompliziert. Wir haben uns zum Gespräch mit dem am 25.01.15 gewählten Delegierten der Förderer/Supporters Club, Patrick Ehlers, getroffen, um nach knapp einem Jahr in diesem Amt ein bisschen mehr über die Arbeit in dieser ‚großen Unbekannten‘ und seine persönlichen Schwerpunkte zu erfahren. Patrick ist in der neuen Struktur der letzte verbliebene SC-Delegierte, der durch eine Direktwahl der Mitglieder ein Amt außerhalb des SC besetzt.


HSV SCHNACK: Danke für Deine Zeit, Patrick; freut uns sehr, dieses Gespräch zu führen, nicht zuletzt, da wir beide ja durchaus auch unterschiedliche Auffassungen hatten und ich Deine Kandidatur damals kritisch gesehen habe.

Patrick: Ja, schön, dass wir hier zusammen sitzen. Wir hatten ja auch – glaube ich –unterschiedliche Haltungen zur Ausgliederung. Du warst Befürworter, ich Gegner. Trotzdem hab‘ ich damals das demokratische Ergebnis akzeptiert und wollte den neuen Weg dann lieber konstruktiv begleiten, anstatt mich ins Schneckenhaus zurückzuziehen. Ich glaube, das ist auch ein Ausdruck der Wiederkehr einer Kultur im HSV, bei der nicht mehr übereinander, sondern miteinander geredet wird. Das ist auch die Art, wie wir im Gremium miteinander umgehen.


HSV SCHNACK: Wie viel Zeit kostet so ein Amt, Patrick?


Patrick: Zeitbedarf … puh, sehr unterschiedlich. Wir als Beirat tagen regelmäßig, mindestens einmal im Monat, aber man muss natürlich auch immer noch etwas Zeit für die anderen Gremiensitzungen – z.B. Supporters oder Amateure – mitbringen, um das Ohr an der Schiene zu haben und das Präsidium somit überhaupt beraten zu können.


HSV SCHNACK: Wie fühlt Ihr Euch als Gremium denn nun eigentlich: Seid Ihr das ‚Machtzentrum‘ oder ein Papiertiger?


Patrick: Kann ich gleich so sagen: diese Kategorien interessieren mich überhaupt nicht! Es macht uns sehr froh, dass der Beirat in seiner Arbeit gar nicht wahrgenommen wird – das war auch eine Zielsetzung: in Ruhe zu arbeiten. Der Beirat ist in seiner Funktion natürlich auch nicht fürchterlich interessant für die Presse, die sich ja komplett auf die Organe der AG stürzt. Der Beirat hat laut Satzung keine Kontroll- sondern nur eine beratende Funktion, das geht in der öffentlichen Meinung dann gern mal unter.


HSV SCHNACK: …weil die ‚öffentliche Meinung‘ ja auch selten mal in die Verlegenheit kommt, auch tatsächlich eine Satzung zu lesen…


Patrick: Exakt! Und nichts anderes will der Beirat: seinen Aufgaben satzungsgemäß nachkommen. Das mag früher in anderen Gremien etwas anders gewesen sein. Wir haben ja auch keine operative, nur strategische Macht, nämlich im Hinblick auf die Personalauswahl. Überhaupt gehen alle Gremien, bei denen ich jetzt mitarbeiten darf oder auch nur zuhöre, sehr sorgsam - oder soll ich sagen: dezent – mit ihrer Macht um. Das ist sicherlich etwas anders als früher, als verschiedenste Gruppen mit ihrer Macht sehr bewusst umgegangen sind …


HSV SCHNACK: …und ja auch große Egos in diesen Gremien aufeinanderprallten!


Patrick: Auch das war sicher ein Problem. Man kann dabei ganz sicher keinem den Vorwurf machen, bewusst zum Nachteil des HSV gehandelt zu haben, aber zum Wohle war’s dann halt auch nicht immer.


HSV SCHNACK: Nun sind so ein paar Personalauswahlen alle 4 Jahre ja endlich, ein Budget ist dann auch irgendwann mal abgefrühstückt – was sind denn nun überhaupt Eure Tagesthemen in der Beiratsarbeit, insbesondere mit dem Präsidium?


Patrick: Das ist tatsächlich ein bunter Teller. Das kann – ohne da jetzt ins vertrauliche Detail zu gehen - eine Vielzahl von Sachentscheidungen sein, sei es zu Sportstätten oder Veranstaltungen, das können natürlich auch Fragen zu Prozessen und Verantwortlichkeiten sein. Wenn man noch nie in so einem Gremium gearbeitet hat, kann man sich kaum vorstellen, was so alles an Fragen bei einem Präsidium aufläuft, und mir ist es manchmal wirklich rätselhaft, wie die Herren diesen enormen Arbeitsaufwand auch noch neben ihrem eigentlichen Job bewältigen. Wichtig ist es, denke ich, dass diese Personen wirtschaftlich unabhängig von diesem Amt beim HSV sind und daher ihre Entscheidungen sehr sachlich, zwar mit Rücksicht auf Strömungen in der breiten Menge der Mitglieder, aber unabhängig von Befindlichkeiten Einzelner treffen zu können. Außerdem ist sicherlich hilfreich, dass bei den zuarbeitenden Angestellten im e.V. eine große Kontinuität herrschte, während die AG sich ja erst einmal strukturieren musste und in dem Zusammenhang zur Professionalisierung der Strukturen auch einiges an Personal eingestellt hat. Das hat ja von einigen Seiten zu Kritik geführt, aber man muss schon mal festhalten, dass der Personalbestand der AG im Vergleich zu ähnlich strukturierten Vereinen wie z.B. Schalke immer noch deutlich weniger Personal hat.


Eine wesentliche Aufgabe, die Verabschiedung des Budgets, haben wir ja schon abgearbeitet. Das Präsidium hat einen Vorschlag erarbeitet, dazu haben wir Fragen gestellt, die beantwortet wurden, und so schnell kamen wir zu einem abgestimmten Budget.


HSV SCHNACK: Müsste ja auch eigentlich relativ unproblematisch gewesen sein, denn der e.V. steht ja nach der Ausgliederung – entgegen der im Vorfeld sehr emotional geführten Diskussion und anders als die AG – finanziell sehr solide dar.


Patrick: Ja, das ist so. Auch ich als damaliger Gegner der Ausgliederung muss nun ganz klar sagen, dass der ‚Basisverein‘, die Sportler im e.V. davon profitieren. Andererseits ist die AG unsere Tochter, und geht‘s unserer Tochter schlecht, wird das auch für uns spürbar sein, und sei es nur im Rahmen der Nachhaftung.


HSV SCHNACK: Ist das den Sportlern des e.V. aus deiner Sicht – gerade als Delegierter der Supporters – überhaupt in der Form bewusst, dass sie durchaus privilegiert sind, durch die Querfinanzierung aus den Supporters heraus ihren Sport so ausüben zu können und hat sich aus Deiner Sicht die Wahrnehmung des SC in den anderen Abteilungen geändert, dadurch dass er im e.V. und somit weiter entfernt von den Gremien des Profifussballs ist?


Patrick: Ich denke schon, dass dieses Bewusstsein gegeben ist, und ja, das Heranrücken der Supporters an die anderen Abteilungen würde ich so sehen, und zwar auch, weil die AL da auch einen super und unaufgeregten Job macht.


HSV SCHNACK: Wie sieht denn in der Praxis Eure konkrete Zusammenarbeit mit dem Präsidium aus – sind das Personen, die für eine solche Form der Beratung durch den Beirat komplett offen sind?


Patrick: Es gab zu Beginn sicherlich schon mal hier-und-da einen Vertrauenstestballon, aber mittlerweile kann ich festhalten, dass das Verhältnis Präsidium-Beirat sensationell ist. Die Zusammenarbeit des Beirates mit dem Präsidium ist von so viel Vertrauen geprägt, da können vertrauliche Dinge auch offen angesprochen werden, weil absolut klar ist, dass solche Dinge nie nach außen dringen werden. Das Präsidium macht einen super Job, so dass es dem Beirat sehr einfach fällt, die Arbeit zu begleiten. So hat es z. B. die Satzungskommission eingerichtet. Hier sind ja Abgeordnete aller Gremien vertreten, und unsere 10-12 Sitzungen waren von großer Harmonie geprägt. Diejenigen, die den Vergleich beurteilen können, meinten, dass so eine gemeinsame Veranstaltung von Senioren, Supporters, Ehrenrat früher wohl etwas mehr Konfliktpotential gehabt hätte.


HSV SCHNACK: Die Satzungskommission hat ja Änderungsvorschläge für die anstehende MV gemacht, in der der Beirat deutlich in einem Thema mitgestaltet hat, das satzungsgemäß bei ihm liegt, nämlich hinsichtlich der Kandidatenvorschläge für das e.V.-Präsidium.


Patrick: Oh ja, und es ging uns nun ganz bestimmt nicht um ein ‚Ausleben‘ der Macht, die ein Gremium Beirat hat, sondern vielmehr darum, dem Mitgliederwillen in unserem Beitrag zur Arbeit in der Satzungskommission den Mitgliederwunsch einzubringen, eine Auswahl in der Präsidiumswahl zu haben. Wir haben zwar in dem neuen Satzungsvorschlag als Beirat noch die Möglichkeit, nur jeweils einen Kandidaten vorzuschlagen, müssen das dann aber begründen. (Anm. d. Red.: Die Entscheidung im Vorjahr, auf Basis der neuen Satzung nur jeweils einen Kandidaten für die Ämter im Präsidium vorzuschlagen, hatte für die letzte große vereinspolitische Diskussion gesorgt. Die Satzungsänderung wurde auf der MV am 17.01.2016 mit breiter Mehrheit verabschiedet)


HSV SCHNACK: Einige Eurer Kernaufgaben - Zustimmung zur Berufung von AR-Mitgliedern der AG oder Kandidatenauswahl für das e.V.-Präsidium - habt ihr aufgrund der Abfolge der Dinge noch gar nicht wahrnehmen können. Wie bereitet Ihr Euch auf diese Aufgabe, die in rd. 2 Jahren beginnen wird, perspektivisch vor?


Patrick: Wir sprechen schon darüber, aber sind noch nicht in einer konkreten Vorbereitung dazu, da das zeitlich noch nicht so naheliegend ist. Mit Andreas Peters haben wir da ja auch ein Mitglied, das in der Vergangenheit dabei war, so dass Fehler, die möglicherweise – wirklich nur möglicherweise – gemacht wurden, nicht wiederholt werden.


HSV SCHNACK: Ihr seid als Gremium ein Kreis von Personen mit völlig unterschiedlichen Schwerpunkten und Lebensläufen – habt Ihr Euch da thematisch aufgeteilt oder führt das zu Spannungen aufgrund dieser Unterschiede?

Patrick: Na ja, ich erzähle nun sicherlich kein Geheimnis, wenn ich sage, dass Andreas Peters als unser Jurist nun ganz wesentlich auch erster Ansprechpartner für die juristischen Fragen ist, und die Tatsache, dass ich das jüngste Mitglied bin, wird mit Augenzwinkern thematisiert (lacht), aber wir erarbeiten die Dinge schon gemeinsam.


HSV SCHNACK: Wie sieht denn Eure Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Aufsichtsrates aus; immerhin werdet Ihr ja die Zusammenstellung, also die Mitglieder dieses Gremiums zukünftig sehr federführend mit bestimmen?


Patrick: Offen gesprochen, gibt es da gar keinen Kontakt. Das ist jetzt auch noch nicht schlimm, die Wahlen und somit die Vorbereitung der Kandidatenauswahl sind ja noch ein bisschen hin, aber es sollte schon jedem Aufsichtsrat bewusst sein, dass es sehr schwierig für den Beirat sein wird, die Eignung für das Gremium dann zu bewerten, wenn in 2 oder 3 Jahren das erste Gespräch stattfindet – das muss man auch ganz klar mal so sagen.


HSV SCHNACK: Patrick: Hat sehr viel Spaß gemacht, danke für dein Vertrauen!





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